Am 26.11.2024 fand das Normenkontrollverfahren zur Abwasserbeseitigungssatzung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg statt. Gegenstand der Verhandlung waren verschiedene Anträge, u. a. zur Rechtmäßigkeit der Abwassersatzung sowie der Dichtheitsprüfung, Übergabeschacht und Regenwasserrückhaltung mit Drosselung der Einleitmenge in den Mischwasserkanal.
Der Senat des OVG hat erklärt, dass hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Abwasserbeseitigungssatzung (ABS) in formeller Hinsicht keine Bedenken bestünden. Dabei wurde erörtert, ob die Satzung an einem Verkündungsmangel leide, da nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die privaten Normungswerke (DIN) bei der Stadt eingesehen werden können. Das OVG wies dabei auf seine nicht veröffentlichte Entscheidung vom 12.07.2022 (9 LA 104/20) hin, wonach es keines Hinweises in der Satzung oder in der Bekanntmachung bedürfe. Die Beteiligten haben sich jedoch darauf verständigt, dass man einen Hinweis zukünftig berücksichtigen könne.
Sehr ausführlich wurde die Verpflichtung zum Einbau eines Übergabeschachtes unmittelbar an der Grundstücksgrenze, gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2, 2. Spiegelstrich der ABS erörtert. Das Gericht wies hier auf sein Urteil vom 10.01.2012 (9 KN 162/10) hin, wonach Regelungen aufgestellt werden dürften, die einem ordnungsgemäßen und störungsfreien Betrieb der öffentlichen Einrichtung dienen. Dazu würden auch Regelungen zu den Grundstücksentwässerungsanlagen gehören, da diese eine notwendige Zugehörigkeit darstelle. Die Eigentümer dürften dabei nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden, wobei die DIN-Vorschriften der Lenkung des satzungsgesetzgeberischen Ermessens diene. Soweit der Satzungsgeber diesen privaten Normenwerken entspreche, könne er sich auf sachliche Gründe für seine Regelungen berufen.
Im Hinblick auf die Regelung zum Übergabeschacht wurde ausführlich erörtert, inwieweit diese Nr. 6.7 der DIN 1986-100 entspreche. Dabei wurde von Seiten der Stadt ausführlich dargelegt, dass der Übergabeschacht an der Grundstücksgrenze die Schnittstelle zwischen dem öffentlichen Kanal und den Grundstücksentwässerungsanlagen regele. Für die Fälle, wo das nicht möglich sei, wurde auf die Möglichkeit von Ausnahmen nach § 9 Abs. 4 zusammen mit § 10 ABS hingewiesen. Ergänzend hierzu wurde seitens der Stadt die Topographie im Satzungsgebiet erläutert, wobei sich der Übergabeschacht, bei starken Gefällesituationen und Hanglagen, begünstigend auf die Rückstauebene auswirken kann. Es wurde deutlich, dass der Senat keine Bedenken bezüglich der Regelung in der ABS hat, zumal diese der DIN-Vorschrift entspreche.
Zur Regelung der Dichtheitsprüfung, erklärte der Senat jedoch Bedenken bezüglich der Bestimmtheit zu § 12 Abs. 5, Satz 6 ABS. Da vorangestellte Regelungen, bei einer erstmaligen Herstellung der Leitung, eine Dichtheitsprüfung entsprechend der Druckprüfung nach DIN EN 1610 fordere, könne die betroffene Regelung in der Satzung insofern missverstanden werden, dass auch die Wiederholungsprüfungen nach 25 Jahren (gem. DIN 1986-30 nach 20 Jahren) ebenfalls nach DIN EN 1610 durchzuführen seien. Der Grundstückseigentümer könne hier nicht eindeutig erkennen, welches Verfahren anzuwenden sei. Der Senat hat diesen Satz für unwirksam erklärt und empfohlen sich an der Formulierung der Mustersatzung zu orientieren.
Auf Nachfrage, warum eine optische Kanalinspektion (KA) zur Dichtheitsprüfung nach 25 Jahren nicht aufgeführt sei, wurde seitens der Stadt deutlich gemacht, dass dieses Verfahren oft sehr teuer oder nicht anwendbar sei. Bei einer Vielzahl bestehender Grundstücksentwässerungsanlagen wurden keine Erstprüfungen durchgeführt, sodass eine Dichtheitsprüfung mittels optischer Kanalinspektion nicht zulässig sei. Dies gilt auch für anlassbezogene Wiederholungsprüfungen, da die KA keinen zuverlässigen Aufschluss auf die Dichtheit sowie evtl. Fremdwassereintritt liefere.
Weitergehende inhaltliche Bedenken zur Dichtheitsprüfung wurden seitens des Senats nicht geäußert.
Abschließend wurde die Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 3 und 4 ABS zur Vorhaltung eines Regenwasserrückhaltesystems sowie einer mengenmäßigen Beschränkung (Drosselung, § 7 Abs. 5 und 6, 3 Abs. 7 ABS) erörtert. Dabei wurde von der Stadt deutlich gemacht, dass die Einrichtung entsprechender Rückhaltesysteme, bei nachträglichem Anschluss zusätzlicher zu entwässernden Flächen an einen Mischwasserkanal, erforderlich seien. Es wurde deutlich, dass der Senat die Regelungen von sachlichen Gründen gedeckt erachtet.